Villa Pliniana
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Die Villa Pliniana – Prachtstück am Comer See

Der Hubschrauber, der wenige Minuten zuvor über den See in Richtung Norden flog, hat bereits die Geschwindigkeit gedrosselt und an Höhe verloren. Irgendwo wird er landen, klar, nicht auf dem Wasser, sondern nur etwa einen Kilometer von „meinem Hotel auf Zeit“ entfernt, auf dem hoteleigenen Landeplatz der Villa Pliniana. Die 1573 erbaute Villa ist DAS Prunkstück am Comer See schlechthin.

Bilder: ©Frank Gindler; Hotel

Ihr Name geht auf Plinius den Jüngeren zurück (61-114 n.Chr.), dem römischen Senator aus Como. Wie eine Diva steht sie direkt am See, hinter ihr die zig Meter hohen Felsen. „Verwunschen“ an einer entlegenen Stelle am westlichen Ausläufer des Sees. So am Rande eines dichten Waldes sieht sie aus wie aus einem Geschichtsbuch, unverkennbar, dominant und doch strahlt sie das Dolce Vita vergangener Lebensfreude aus.

Villa Pliniana

Zum Leben im 21.Jahrhundert hat sie Luis Contreras, der Owner des Il Sereno Lago di Como, wieder erweckt. Kaufen wird er (und alle anderen zig Milliardäre dieser Welt auch) dieses Juwel nicht, denn die „Grand Madame“ ist unverkäuflich und nach wechselvoller Geschichte seit 1983 im Besitz der Familie Ottolenghi.

Aber das Hospitality, das Hotelmanagement und das Vermarkten an die internationale Upperclass ist ihm gestattet. Gegen Gebühr versteht sich. Der Gast wiederum muss tief in die Tasche greifen, denn selbst die „Portokasse“ dürfte hier nicht mehr ausreichen. Sagen wir mal so: was wären SIE bereit zu bezahlen für 1 Woche/7 Übernachtungen, ohne Frühstück, ohne Essen, ohne Getränke…?

Angeboten wären 18 Suiten, vier große Appartements, zwei freistehende Villen. Sie dürften etwa 26 Personen mitbringen, mit dem Heli einfliegen (Heli-Landeplatz included), mit dem Privatboot direkt am Steg anlegen lassen. Ihr Gebot? OK – ab 350.000 Euro/Woche sind Sie der „König vom Comer See“. Wenn gewünscht dürfen Sie auch ihren eigenen Koch einfliegen lassen, ansonsten wird das Hospitality direkt vom Il Sereno aus gemanagt. Der 24-Stunden-Butler ist im Preis enthalten. Er wacht unauffällig über die illustren Gäste und den Hausgeist, in Gestalt des ersten Hausbesitzers Giovanni Anguissola.

Da hatten es die Gäste aus frühen Jahrhunderten einfacher: Sie wurden von den wechselnden Besitzern eingeladen. Sicherlich nicht aus Uneigennutz. Es kamen Wissenschaftler, Prinzen und Kaiser, u.a. Joseph II. von Habsburg.

Franz I. und Franz II. aus Österreich, auch Napoleon Bonaparte waren hier und spielten u.a. genau an dem Tisch, so wie er heute noch im Billardzimmer steht.

Für Künstler war es eine Ehre live direkt vor Ort zu spielen und zu komponieren. Franz Liszt (†1886) war hier, Giacomo Puccini (†1924) ebenso, Gioachino Rossini (†1868) soll auf dem Klavier, das heute noch in dem riesigen reichverzierten Salon steht, 1813 seine Oper Tancredi komponiert haben. Ob meine „Elise“ da mithalten kann?

Zurück im 21. Jahrhundert: Zum Glück war an diesen Tagen die Villa Pliniana nicht belegt. In Begleitung durfte ich die Räumlichkeiten besichtigen und er-lebte teilweise die Welt im Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit. Die Renaissance (franz.: Wiedergeburt) hat hier ihre Spuren hinterlassen. Marmorböden, deckenhohe Fenster mit Seeblick, verschnörkelte Fresken und Boiserien, teils alle noch aus dem 15./16. Jahrhundert. Der Spa-Bereich wurde hingegen in die Neuzeit katapultiert. Dafür bieten die zwei original erhaltenen Ballsäle Galas für fast 200 Personen. Für den Aperitivo empfiehlt sich die historische Loggia, für eine Runde Billard steht ein separates Billardzimmer zur Verfügung.

Behutsam hat auch hier Patricia Urquida wieder Hand angelegt und in einer fast 30jährigen (!) detailgetreuen Restaurierung die Villa Pliniana zu einem der exklusivsten und teuersten Luxus-Resorts am Comer See zu neuem Leben erweckt. Faszinierend zu sehen, wie die spanische Design-Koryphäe den künstlerischen, kreativen Spagat schaffte zwischen dem postmodernen „Il Sereno“ und hier in den über 450 Jahre alten Gemäuern inmitten einer gepflegten über 73.000 qm großen Parkanlage. Von außen habe ich schon den Wasserfall gesehen, der unüberhörbar in den Comer See fällt. Warum ein Teil des Wasserfalls sich einen „Ausweg“ suchte und mitten durch die Gemäuer der Villa sich seinen Weg gesucht hat, hat schon Leonardo da Vinci (†1512) untersucht und bot ausreichend Stoff für Legenden und Sagen. Auf jeden Fall sprudelt seit Urzeiten in unkalkulierbaren Abständen eine klare, saubere Wasserquelle mitten in der weitläufigen Hofanlage.