
Restaurant Landl – Regionales auf höchstem Niveau
Zwischen München und den Alpen, in der Nähe von Rosenheim, haben die beiden Münchner Marvin Boerger und David Metz mit viel Herz das ehemalige „Salettl“ neu gedacht. Für beide ist Gastronomie die pure Leidenschaft, stehen sie doch für eine moderne, regionale Küche mit viel Tiefgang. Und so servieren sie inmitten der oberbayerischen Natur nichts anderes als ehrliches Essen aus besten Zutaten. Vieles wächst und gedeiht quasi vor der Haustür: frische Kräuter, Gemüse von der Solawi Landlmühle oder vom Attler Markt, Fisch von Klaus Wimmer aus Antwort, einem kleinen Dorf bei Bad Endorf. Fleisch spielt nicht mehr (unbedingt) die Hauptrolle – im Restaurant Landl glänzt das Gemüse.
© Fotos: Frank Gindler
Das Navi führt mich zur Location, die als Restaurant, Biergarten und Nachbarschaftslokal zugleich beeindruckt – ein Ort zum Ankommen, Wohlfühlen und Genießen. Gekocht wird saisonal. Jeden Monat gestaltet der Künstler Phillip Polder das Deckblatt der Speisekarten, die bei Saisonwechsel zu kleinen Kunstwerken an der Wand werden. (Anm. d. Red.: Auch eine Art der Nachhaltigkeit).
Die Speisen aus der Küche sind selbstredend natürlich, modern und bodenständig zugleich. Gekommen bin ich aber, einem Geheimtipp aus München folgend, um das Fine-Dining-Menü zu testen. Der Clou am Menü ist, und das ist Marvin und David sehr wichtig, dass man sich das Menü teilt und damit automatisch miteinander kommuniziert. Für sie ein Weg gedacht in einer Zeit, in der Vereinzelung so sehr um sich greift, Gesprächsstoff zu geben.
Toni, die gelernte Bäckerin, bringt selbstgebackenes Sauerteigbrot mit knuspriger Rinde zum „Niederknien“ von dort, wo sie das Handwerk erlernt hat; der Bäckerei Wolters aus Rosenheim und mich sofort an meine Kindheit erinnert. Dazu geräucherte Butter und Lauchöl. Letzteres gibt’s nun wirklich nicht alle Tage, auch in München nicht.
Zuerst lasse ich das „Grünzeug“ – den Gruß aus der Küche – links liegen, doch letztendlich siegt meine Neugier, wie wohl Vogelmiere, Zitronenmelisse und Bronzefenchel schmecken. Allein schon die Mühe, sie kunstvoll zu einem Kräuter-Sträußchen zusammenzubinden, ehrt den Meister in der Küche des Restaurant Landl. Das Geschmackserlebnis? Erinnern Sie sich an Ihre Kindheit, fragen Sie Opa und Oma. So schmeckt Heimat.
Während ich auf den ersten Gang warte, ein Blick in die Runde: Draußen unter den Kastanienbäumen kommen nach und nach die ersten Gäste an, eine typische bayerische Vesper-Idylle – wenn denn endlich mal wieder so richtig die Sonne scheinen würde. (Stand Anfang Juni).
Drinnen um mich herum viel Holz, altes Holz, alte Kacheln und neues Interieur. Der Gastraum beeindruckt mit der offenen Bar aus Granit und Edelstahl, hoher Holzdecke, tiefhängenden grünen Lampenschirmen, alles hat viel Charme. Ein Blick in die Getränkekarte: interessante Weine junger europäischer wie auch arrivierter Winzer, Maxlrainer Bier, hausgemachte Limonaden und fermentierte Drinks.
Dann der erste Gang: Grünspargel, Petersilie, Remoulade. Eigentlich alles alltäglich, wären da nicht diese kleinen feinen Unterschiede (ist nicht gerade Rhabarberzeit?), die den Gaumen genussvoll reizen und kunstvoll von Küchenchef Björn Zapp auf dem Teller kreiert sind – ein Kunstwerk für alle Sinne und das mit eigentlich ganz banalen Lebensmitteln.
Auf die nächsten Gänge muss ich nicht lange waren: rote Beete mit Sonnenblumenkernen, Radicchio, Hanf. Der Hauptgang gegrillter Saibling mit rohem grünem Spargel, Salsa Verde, dazu eine wirklich nennenswerte Kreation aus einer blockförmig geformten knusprigen Kartoffel, lediglich mit Eigelb, Pfeffer, scharfer Mayonaise und Schnittlauch zum Kunstwerk erhoben.
Zum Abschluss gönne ich mir etwas nicht unbedingt bayerisches Süßes: Pavlova*, ein Gedicht aus Baiser, Erdbeeren, Rhabarber und Sauerampfer.
*Pavlova. Benannt nach der russischen Primaballerina Anna Pavlova, die in den 1920er Jahren Australien und Neuseeland. Beide Länder beanspruchen daher die Erfindung des weltbekannten Desserts für sich.
Und genau mit diesem Sauerampfer-Geschmack auf der Zunge schließt sich für mich eine genussvolle Zeitreise im Restaurant Landl, zurückblickend in eine Vergangenheit, als man eben dieses Kraut einfach so am Straßenrand pflückte und ehrliches Essen eine Selbstverständlichkeit war.
Der Menü-Preis von 65 Euro geht dafür absolut in Ordnung.
Restaurant Landl
Finsterwalderstraße1
83071Stephanskirchen
+4915156850703
info@lokal-landl.de

