Gourmet,  Spitzenköche

Weltköchin Ana Roš im Interview

Als Reisejournalist/in wird man oft nach Geheimtipps für den nächsten Urlaub gefragt, wie zum Beispiel nach einem wenig überlaufenen, landschaftlich reizvollen Ort. Feines Essen soll es geben und natürlich auch gut mit dem Porsche erreichbar sein.

Im slowenischen Soča Tal werden genau diese Wünsche wahr. Spektakulär kurvige Passstraßen führen vorbei an „50 Shades of Green“: Saftig grüne Weinberge, türkise Wildbäche, grasgrüne Almgipfel und spritzige Wasserfälle in tiefgrünen Urwäldern, die sich im Tal zu einsamen Badeteichen ergießen. Mitten im Grün befindet sich das Restaurant Hiša Franko von Ana Roš. Jene Ana Roš ist eine der besten und bekanntesten Köchinnen der Welt, setzt in der Küche auf Regionalität. Als Quereinsteigerin investierte sie viel Leidenschaft, um es an die Spitze der weltweiten Küchenelite zu schaffen. Bei unserem Besuch in ihrer Heimat Kobarid haben wir mit Ana Roš gesprochen, die im Rahmen der „World´s 50 Best Restaurants“ zur Weltköchin 2017 gekürt wurde.

Regional und filigran: Ana Roš´Küche im Hiša Franko

Ana, erzählen Sie uns doch ein wenig über Ihre Heimat Slowenien. Auf den ersten Blick ist alles im grünen Bereich hier …

Ana Roš: Das stimmt, unsere Natur ist einzigartig, aber wir denken auch sehr grün. Niemand würde auf die Idee kommen, Müll achtlos auf den Boden zu werfen. Das ganze Land beteiligt sich an Aufräumaktionen in Wald und Flur. Laut einer Studie gehört Slowenien zu den saubersten Ländern der Welt. Diese Verbindung zur Natur spiegelt sich auch in meiner Küche wieder. Deshalb servieren wir unser Gericht „In Heu gekochte Kartoffel mit Eigelb und Lamm“ auf einem Heubett und nehmen das Thema „grün“ gerne in der Küche auf.

Sie haben mehrere Talente in die Wiege gelegt bekommen, waren Mitglied der Ski-Nationalmannschaft Jugoslawiens, standen vor einer Karriere als Diplomatin. Warum wurde es dann doch die Küchenlaufbahn?

Die Sportkarriere machte eine Verletzung zunichte und gerade als ich mein Diplomatie-Studium beendet hatte, verliebte ich mich in meinen Mann Valter. Seine Eltern betrieben schon das Hiša Franko. Also blieb ich hier in der Heimat, ging nicht wie geplant nach Brüssel zur EU.

Das Kochen haben Sie sich dann selbst beigebracht, Sie sind Autodidaktin. Welche Vorteile sehen Sie darin gegenüber Kollegen mit Kochausbildung?

Das gibt mir Freiheit beim Kochen und beim Denken. Die Freiheit, mich auszudrücken. Wer eine klassische Ausbildung gemacht hat, denkt in fertigen Schubladen, hat die Vorstellungen seines Ausbilders verinnerlicht, liefert womöglich nur noch Ideen von der Stange. Meine Gerichte kommen aus meinem Kopf, mehr sogar noch aus meinem Herzen und natürlich aus der Region hier.

Fühlen Sie sich mit Ihrer Küche und den internationalen Auszeichnungen heute nicht doch wie eine Diplomatin, wie eine Botschafterin Ihres Landes?

Tatsächlich bin ich kürzlich von der slowenischen Regierung zur offiziellen Tourismus-Botschafterin ernannt worden. Ich empfinde das auch so, da meine Arbeit sehr viel mit meiner Region zu tun hat. Wann immer und egal wo ich über meine Arbeit spreche, erzähle ich zuerst über meine Heimat. Der Ansatz in meiner Küche ist ja der der kurzen Wege unter Verwendung der besten regionalen Produkte. Das aber nicht aus einer aktuellen Mode heraus, sondern weil es viele exotische Produkte in Slowenien lange Zeit gar nicht gab. Schon gar nicht bei uns im Soča Tal. Vor gut 15 Jahren, als ich mit dem Kochen anfing, mussten wir mit dem auskommen, was die Bauern der Umgebung uns zu bieten hatten. Das ist größtenteils bis heute noch so und da wissen wir auch, dass wir uns auf die Qualität verlassen können.

Ebenso regional, lecker und herzlich wie bei Ana Roš in Hiša Franko geht es auch bei den Machern des TaBar und im Grič zu. Auch diese Restaurants haben sich mit ihrer jungen, mutigen Küche bereits über die slowenischen Landesgrenzen hinaus einen Namen gemacht:

TaBar – ein hippes Restaurant mit jungem Publikum in der Hauptstadt Ljubljana. Pittoresk am Fluss gelegen, bietet es eine herausragende Wein-Auswahl, serviert überwiegend Orange und Natural Wine. Der aktuelle Weintrend wird hier regelrecht zelebriert, manch rarer Tropfen zu Tapas mit slowenischem Charakter serviert. Kein Wunder in einem Land, das seinen Wein schon in der Nationalhymne huldigt.

Im Grič, unweit von Ljubljana in Horjul gelegen, wird gekocht, was gerade im eigenen Garten wächst. Mit Luka Košir steht hier einer der talentiertesten Jungköche Sloweniens am Herd. Košir gibt Bio-Produkten aus dem eigenen Garten Auslauf in die Fusionsküche, garniert sie mit wenigen exotischen Ausnahmen. Das führt unter anderem zu feinen Erbsentörtchen mit einer Haube aus gereiftem Käse – Spitzenküche slowenischer Natur.

Weitere Infos: www.hisafranko.com

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Bilder: ©Ana Roš; Derk Hoberg; Jessica Bachmann