TESSIN – Kunst-Genuss er-fahren
Ganz im Süden des Schweizer Kantons Tessin liegt die Region Lugano – und verspricht Hochgenuss für Kultursinnige mit feinem Gaumen.
Text: Marion Vorbeck / Bilder: ©Frank Gindler; istock
Auf dem Weg ins Luganer Land lohnt sich ein Stopp in Bellinzona, der Capitale des Tessin mit ihren drei Burgen. Sie gelten als die bedeutendste Zeugen mittelalterlicher Befestigungsbaukunst im Alpenraum und wurden zum UNESCO-Welterbe geadelt. Weiter geht es durch die alpin geprägten Landschaft Richtung Luganer See; der im Westen vom Lago Maggiore flankert wird und östlich vom Comer See. Zu rund 60 Prozent befindet sich der Lago Lugano im Tessin, der Rest gehört zu Italien.
Nächster Halt auf der Genuss- und Kultur-Tour: die Fondazione Bally mit 1A-Lage am Ufer. Diese Art der Imagepflege lassen wir uns gerne gefallen: Das Museum für internationale zeitgenössische Kunst mit Fokus auf der Beziehung des Menschen zu seiner Umwelt hat das Schuh-Unternehmen in der atemberaubend schönen Villa Heleneum untergebracht. Die Säle im Erdgeschoss sowie der umgebende Park sind sogar kostenfrei zugänglich.
Wo unterkommen am See? Wir haben uns für das 5-Sterne-Relais Castello di Morcote entschieden, etwa 15 Minuten Fahrzeit von Lugano entfernt. Einige Kehren sind zu überwinden, um zum Refugium zu gelangen. Das ehemalige Kloster aus dem 17. Jahrhundert wurde in ein Hotel mit dem Ambiente einer großzügigen Privatvilla verwandelt: modern-elegant und doch dem Flair der historischen Mauern verpflichtet. Ein Rückzugsort mit traumhaftem Seeblick, in dem Gäste mit so ungekünstelter Freundlichkeit umsorgt werden; dass wir die herzliche Frühstücksbedienung scherzhaft „Mamma“ nennen durften.
Das Boutiquehotel gehört zum Weingut Tenuta Castello di Morcote. Auf dessen Grund steht tatsächlich ein Castello, die einzige mittelalterliche Festung des Luganese und Mittelpunkt der 150 ha Weinberge. In der Region spielt die Merlot-Traube die Hauptrolle, hier zum Beispiel veredelt zum exklusiven „Fuoco“(übersetzt: Feuer), ein vielschichtiger Tropfen mit Anklängen an Pflaumen, Kirschen, Lakritz und dunkle Schokolade. Modern und traditionell zugleich: Beim Weißen dominiert der Chardonnay, der hier teilweise in amphorenähnlichen Tonfässern gekeltert wird wie einst zur Römerzeit.
Chefin Gaby Giannini sorgt dafür, dass ihr Reich auf der Höhe der Zeit bleibt. Das Weingut: biozertifiziert und mit modernem Weinkeller und Degustationsraum. Auf und um die namengebende Burgruine aus dem 15. Jahrhundert: exklusive Events mit Weitblick bis zum kleinen Lago Ceresio. Zwei empfehlenswerte Restaurants mit unterschiedlichem Ambiente, die heimische Produkte zu Gaumenfreuden veredeln. Zum einen das Restaurant Vicania mit traumhaftem Garten im Grün des Weinbergs. 14 Gault-Millau-Punkte sprechen für die Klasse der lokal-bodenständig inspirierten Kost. Und dann ist da noch das Restaurant La Sorgente im Hotel Relais Castello di Morcote. Auch hier is(s)t man richtig auf den Spuren regionaler Feinschmeckerkultur. Traditionelle Kochtechniken wie Holzkohle, offenes Feuer, Räuchern veredeln regional-saisonale Zutaten, die als kleine Kunstwerke auf den Teller kommen.
Das Relais Castello di Morcote ist auch idealer Ausgangspunkt für Touren ins Umland – so gelangt man schnell ins beschauliche Fischerdorf Morcote mit seinem idyllischen Dorfkern, engen Gassen und Laubengängen vor alten Patrizier-Residenzen. Die Wassernähe und eine üppige subtropische Vegetation zogen schon Prominente wie Romy Schneider oder Peter Alexander an, die hier zu Lebzeiten ein Ferienhaus hatten. Vielleicht begegnet man auch auf dem Weg zum botanischen Paradies-Garten Parco Scherrer Schlagerstar Peter Kraus, der heute noch hier wohnt.
Und weil auch der Porsche mal so richtig artgerecht gefahren werden muß, starten wir zu einer ausgiebigen Tour im Örtchen Manno. Von dort geht es auf wenig befahrenen Straßen 54 km weit in zahlreichen Kehren über die Hügel des Malcantone, beschattet von Buchen- und Kastanienwäldern, durch malerische Dörfer bis auf 1.350 m hohe Aussichtspunkte, wieder hinunter ins pittoreske Caslano direkt am See und weiter im Rundkurs nach Manno. Diese Ausfahrt gehört unbedingt zum Er-Fahren der Region dazu!
Aber jetzt zur Architektur und zum weltberühmten Stararchitekten Mario Botta, der die Region mit seinen Bauten geprägt hat! Zum Beispiel kann man zu seiner „Steinblume“ auf den Monte Generoso pilgern oder zur Kirche Santa Maria degli Angeli auf dem Monte Tamaro. In Lugano selbst lassen sich Bauwerke mit Experten erleben: Architekten führen Gäste auf einer „Architour“ zu spannenden Ikonen des 20./21. Jahrhunderts – mal eine andere Art, sich der Stadt zu nähern. Den Rundgang beendet man am Kunstmuseum MASI im neuen Kulturzentrum LAC Lugano Arte e Cultura, ein Neubau, der wesentlich zum modernen Gesicht der Stadt beigeträgt. Und drinnen warten Ausstellungen zeitgenössischer und moderner Kunst wie zum Beispiel von Alexander Calder.
Das Erlebte lässt man am besten bei guten Speisen Revue passieren – zum Beispiel im Restaurant Ciani, das schon mittags Genießer frequentieren. Wer dann etwa Zweierlei vom Lachs mit Sake-Begleitung kostet, verlängert durch solcherlei Gaumenfreuden die Hochstimmung, die sich beim Spaziergang eingestellt hat. Ein abrundender Tipp für den Abend:
Das Weingut Cantina Ristorante Moncucchetto hoch über Lugano hat sich ebenfalls einen Neubau des Stararchitekten Mario Botta gegönnt und punktet darüber hinaus mit köstlich-kreativer Küche. Das Dinner schließt ein Stamperl Ratafià ab, süß und herb zugleich schmeckt er, ein Klosterlikör nach uraltem Rezept, bei dem in Traubenschnaps gebadete Walnussschalen die Hauptrolle spielen. Salute, aufs Luganer Land!
Hier lohnt sich ein Klick:
luganoregion.com/
relaiscastellodimorcote.ch
castellodimorcote.ch
ticino.ch
Architouren: i2a.ch/architour-interno