Cuba
Libre Cuba!

Libre Cuba – Hasta la Victoria Siempre

Erzähle ich von meinen Reisen und sage einfach nur Musik, Tanz, Rum, Zigarren — weiß ein jeder wo ich war! Und alle sind sich einig: Das MUSS man gesehen, erlebt, gefühlt und er-fahren haben: Cuba ist Lebenslust und karibisches Flair!

Die Wunschliste, was man so alles auf der Insel er-leben und er-fahren will, ist relativ lang. Doch meine Wunschliste blieb dieses Mal leer. Allein das Wissen in die „Vergangenheit“ zu reisen, war für mich der große Ansporn, endlich, nach über 30 Jahren Abwarten, Anfang Mai zu starten.

Zum wiederholten Male fliege ich über Zürich mit der „Edelweiss“ und jetzt direkt nach Havanna. Ganz ehrlich: dieser „Ableger der Luft­hansa“ braucht sich hinter keiner der VAE- und Asien Airlines verstecken. Auch wenn der Name „Provinzcharakter“ suggeriert, verbirgt sich dahinter ein Hauch von Schweizer Zuverlässigkeit, Seriosität und Gastfreundschaft. Souverän der Service, die Bequemlichkeiten an Bord und das Essen — es schmeckt vorzüglich, auch in großer Höhe und in Kombination mit den angebotenen Weinen — sind wirklich überzeugend. Gut ausgeschlafen landen wir in Havanna. Um den Spagat zwischen „Cuba gestern“ und Gegenwart nicht all zu groß werden zu lassen, checke ich (vorsichtshalber) im Packard, ein Grand Iberostar­hotel, ein.

Und von hier aus ziehe ich meine Kreise: Havanna ist mit etwas über zwei Millionen Einwohnern die pulsierende Hauptstadt Cubas. Für die Einheimischen ist es „La Habana“ und das klingt dann so wie die Stadt ist: noch überwiegt die Architektur aus der spanischen Kolonialzeit im 16. Jahrhundert und erstrahlt im Charme einer älter werdenden Diva, die sich etwas „aufgepeppt“ hat. Darunter verstehe ich die aufwendige Renovierung vieler Altbauten und die bunten Fassadenanstriche, die die Spuren der Vergangenheit übertünchen (müssen). Aber genau darin liegt für mich der Charme — so höre und lese ich Cuba.

In der UNESCO-Weltkulturerbe-Altstadt Habana Vieja ergeben sich spontan Szenen wie in einem Film: Kubanische Rhythmen erklingen aus kleinen Gassen, deren klobige Kopfsteinpflaster im Laufe der Jahrzehnte so glatt geschliffen sind, dass man aufpassen muss nicht auszurutschen. Man sieht farbenfroh gekleidete Frauen und hört das Hufgetrappel der Pferde vor bunt bemalten Kutschen, die einfach (noch) zum Stadtbild gehören.

Cuba

Ich setze mich in eines der vielen Cafes, bestelle einen kubanischen Kaffee und schaue mir auf der Kamera nochmals das an, was ich bisher schon gesehen habe: das Castillo De San Salvador De la Punta, das Castillo de la Real Fuerza, die Festung El Morro, das Capitol, das Revolutionsmuseum u.a. Von weitem konnte ich die 20m hohe weiße Carrara-Marmor-Statue El Cristo de La Habana erahnen. Ohne Platzangst stand ich ziemlich einsam und verloren auf dem Revolutionsplatz, der 1959 erbaut wurde. Der ursprünglich „Plaza Cívica“ getaufte Platz ist mit einer Fläche von 72.000 Quadratmetern (etwa zehn Fußballfelder) einer der größten Aufmarschplätze der Welt. Im Juli 1961 wurde er in „Plaza de la Revolución José Martí“ umbenannt. Er war die Kulisse für zahlreiche der legendären Massenversammlungen Fidel Castros.
Was für ein Gefühl, alleine und ohne Platzangst auf einem Platz zu stehen, auf dem rund 1.000.000 Menschen Platz haben. Wie ein mahnender Zeige­­f­inger überragt das 109 m hohe und sich nach oben verjüngende Monument Jośe Marti den Revolutionsplatz. Es ist dem Nationalhelden (1853-1895) gewidmet, dem Schriftsteller und Vordenker der Unabhängigkeit Cubas. Der Turm hat die Grundfläche eines Fünfsterns und ist mit grauem Marmor verkleidet, gebrochen auf der Insel Isla de la Juventud, einer Nebeninsel Cubas. Ich bestelle einen eisgekühlten „Cuba Libre, Marke „ungelagert“, preiswert und touris­tentauglich. Erst später im Hotel werde ich mit einigen „Santiago 25 años“ den Abend ausklingen lassen. Die vielen Menschen auf der Plaza de la Catedral und vor der barocken Catedral de la Virgen María de la Concepción Inmaculada de La Habana bringen mich dazu das zu tun, was ich immer auf Städtereisen mache: ein Plätzchen suchen und einfach den Menschen zuzuschauen.

Es duftet nach Frühling und auf den gepflasterten Plätzen und in den grünen Parks stehen und liegen Männlein, Weiblein und Hunde in der warmen karibischen Sonne. Die Habaneros, die Einwohner Havannas, reden, lachen, schmusen, küssen sich und das aus Lebensfreude und – weil kaum einer ein Handy hat, das die Zweisamkeit und das Miteinander stören könnte. Ja, es ist auffallend, die Handys sind hier teuer und die Internetgebühren des einzigen Anbieters auf der Insel „Etesca“ kann sich kaum einer leisten.

Schon vom Hotel Packard aus mit Blickrichtung zum Castillo de la Real Fuerza, eine Festung mit maritimem Museum, sehe ich sie auf der „Paseo del Prado“, der Prachtstraße, bevor sie dann links abbiegen, um entlang der rund sieben Kilometer langen Uferpromenade El Malécon dahinzugleiten: Die Chevys, Buicks und Dogdes der Vergangenheit, manche auch „Frankensteinmonster“ genannt, weil sie außer der Karosserieform nichts mehr Originales aus den 50er und 60er Jahren an und in sich haben. Grazil, souverän und oftmals in ihrer lässigen Langsamkeit geradezu aufreizend, ja provozierend gleiten die in allen Farben lackierten Plymouths, Fords und Cadillacs dahin. Man fühlt sich zurückversetzt in die Jugendzeit und holt sich das Blubbern, das Röhren der V8/V12 Zylinder mit ihren Hubräumen jenseits der 5-Liter-Grenzen von damals ins Gedächtnis zurück. Zurück im Hier ist es jedoch nur der Benzingeruch aus uralten Nissan-, Isuzu-, Skoda-Motoren u.a., der gewaltig in der Nase „stört“. Und so ziehen sie ihre Bahnen, immer auf der Suche nach gut zahlenden Tour­is­ten; die Luft ist an manchen schwülen Tagen geschwängert von ihren Abgasen — wer fragt hier schon nach CO₂ und Katalysatoren.

Eine Taxifahrt mit einem der wunderschönen Oldtimer kostet pro Stunde etwa 30 Euro. Ein happiger Preis, denn der Durchschnittslohn beträgt gerade mal 25 Euro — pro Monat! Legt man noch ein großzügiges Trinkgeld von 5 oder 10 CUC (Cubanischer Peso convertible), umgerechnet etwa 5 oder 10 Euro drauf, zählt dieser Berufsstand „Taxifahrer“ also schon zur „gehobenen“ Mittelschicht.

Cuba Graffiti

Natürlich fragt man sich, woher diese „Ami-Schlitten“ kommen. Und wie der Name sagt, gab es vor der Revolution mit Che Guevara und Fidel Castro einen regen Handel mit den USA. Viele Amerikaner brachten ihre Autos mit, die sie dann später, beginnend mit der Blockade (1962), nicht mehr mit zurücknehmen konnten. Und so gibt es heute noch mehr als 140.000 dieser Schlitten, die von ihren Besitzern gehegt und gepflegt werden. Manche sagen, besser als die eigene Frau. Für die Besitzer ist es die neue Währung Cubas. Soweit das Thema Auto.

 

Nach ein paar Tagen spüre auch ich auf angenehme Weise, wie hier auf Cuba die Uhren etwas langsamer ticken. Kaum zu sehen und (noch) eine Minderheit — die Handy-Junkies, E-Bikes und die allzu große Hektik bei fast allem, was die Habaneros so tun. Geduldig sieht man ab und zu vor „Supermärkten“ Menschen stehen, die Einlass begehren, um die wenigen, vom Staat subventionierten Lebensmittel kaufen zu können. Das Kernstück der Subventionen besteht aus der 1961 eingeführten Lebensmittelkarte, der Libreta, welche die Grundversorgung mit Lebensmitteln sicherstellen soll und die jedem Cubaner im wahrsten Sinne des Wortes in die Wiege gelegt wird.

Die Rationen können je nach Verfügbarkeit variieren. Während über die Libreta einst ein großer Teil des Grundbedarfs samt Konsumwünschen wie beispielsweise Kinderspielzeug gedeckt wurde, reicht sie heute in den meisten Fällen nur für die ersten 10 bis 15 Tage des Monats, danach muss der Cubaner/In auf den Bauernmärkten bzw. im Devisenladen nachkaufen — und hier gestaltet sich die Situation noch komplizierter (Quelle: Cuba heute).

Cuba

Ja – so arm sind die Cubaner im Durchschnitt. Konträr: Gleich daneben eine der unzähligen Bars, vor denen auch Menschenschlangen, meist Touristen, stehen. Das aber, weil sie keinen Platz mehr finden, um hier auf „Hemingways Spuren“ zu wandeln, um in der (seiner)  kleinen Bar La Bodeguita del Medio, einen Mojitos, Cuba Libre oder Biertrinken und dabei viel und laut reden, um die rhythmische Salsamusik zu übertönen, die von irgendwoher kommt. Ein „Kubaner auf Zeit“ zu sein bedeutet also: Einen Gang runterschalten, alles etwas entspannter angehen und sich nicht aus der Ruhe bringen lassen, wenn
etwas nicht auf Anhieb funktioniert. Das gilt für Handwerker, vorreservierte Mietautos, Hotels u.a.

Roadtrip durch Cuba

Bilder: © Frank Gindler