Mongolei - Talbiun Lodge
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Mongolei – Mitten drin – Am Ende der Welt – Talbiun Lodge

Etwa 420 Kilometer und zehn Fahrstunden westlich entfernt von der Hauptstadt – eingebettet in der Region Uvurkhangai Aimak, Khujirt Sum und direkt im Nationalpark (!) liegt die Talbiun Lodge  von „Chimge“. Ihr mongolischer Name: Frau Dr. Ariunchimeg Khasbagana.

In ihrer Person vereint sie so einiges: studiert in Freiburg, daher ihr absolut gutes Deutsch, Organisationstalent, Reiseguide für „Gutbetuchte“, politisch (sehr wichtig) bestens vernetzt. Mit familiärer Unterstützung managt und betreibt sie seit nunmehr zehn Jahren die Talbiun Lodge mit insgesamt 38 Jurten. Ein weiteres Lodge Shilin Bulag liegt in der Nähe der Wüste Gobi. Wenn man von der Weite das rote Dach des Hauptgebäudes sieht, ist es nicht mehr allzu weit entfernt – auf Mongolisch übertragen: In einer Stunde Fahrzeit hat man die Talbiun Lodge, auf halber Strecke zwischen Khujirt und Bat Olzii, im Orkhon-Valley, erreicht. Die Lage der Talbiun Lodge, mitten im Naturschutzgebiet am Fuße des Khangai-Gebirges ist ideal. Eigenhändig hat „Chimge“ aus Steinen ein überdimensionales Ornament in den Hügel gelegt, das weithin sichtbar ist. Es ist weitläufig umzäunt, vor dem Eingangsportal stehen zwei geländegängige, schwere Motorräder mit italienischen Kennzeichen. Es sind Globetrotter die hier unerwartet Zwischenstation machen.

Allgegenwärtig sieht man Nomaden, die ihren Standort ändern. Mit ihnen wechselt man Ziegen-, Kuh- und Stutenmilch, Käse und Fleisch in bare Münze oder Gegenstände, die man aus der fernen Stadt mitgebracht hat. Der Kontakt bietet sich besonders auch für Gäste an, um die Kultur und das normale Leben eines umherreisenden Nomadenvolkes mit ihren Pferde-, Yak-, Schaf- und Ziegenherden näher kennenzulernen. „Mittendrin – am Ende der Welt“ liegt die Talbiun Lodge so zentral, dass alle kulturellen Stätten des Landes in Tagestouren erreicht und besichtigt werden können. Von hier aus ist es nicht weit, um das Orkhontal, zwischen Khujirt und dem 20 Kilometer entfernten Wasserfall zu erkunden. Auch gleich „in der Nähe“ befinden sich die heißen Quellen von Tsenkher. Mit über 50 °C sprudelt schwefelhaltiges Wasser aus der Erde, das in zwei gepflegte, von Natursteinen eingefassten Becken geleitet wird. Führt der Fluss viel Wasser, verdoppeln sich die jeweiligen Strecken, denn die Furt ist nicht mehr überquerbar. Das gilt auch für die Fahrt zum  Kloster Tövkhönii am nordöstlichen Ende eines Seitentals des gleichnamigen Flusses.

Mit dem Geländewagen sind es „nur“ zweieinhalb Stunden „geschütteltes“ Fahren. Nicht weit entfernt, „nur“ 80 Kilometer, liegt die einstige Hauptstadt Kharakhorum von Dschingis Khaan. Sterne für die Unterkunft zu vergeben, wie bei einer Hotelklassifizierung, erübrigt sich. Alle Jurten sind mit Doppelbetten oder zwei Einzelbetten ausgestattet und gewähren so die Privatsphäre der Gäste aus aller Welt. Maximal 100 Gäste können in den „Ger’s“ untergebracht werden, als Single-, Double-, Dreier- oder Viererbelegung (z.B. Familien). Zum großen Luxus dieses „Resorts“ zählen die zahlreichen Duschen – eine einzige Wohltat. Und Toiletten mit Wasserspülung. Die Wände im Haupthaus, der Meeting-Point, sind reichlich bemalt von mongolischen Künstlern. Unübersehbar ist das große Wandbild  des namhaften Künstlers Ts. Tsegmid. Es wiederholt unter anderem die Motive aus alten Felszeichnungen, die teils noch aus der Steinzeit stammen. Statt in Museen, findet man die Steine in den gebirgigen Gegenden der Mongolei „einfach so“.

Mongolei Talbiun Lodge

Die großen und kleinen Steinpyramiden „Ovoo“ mit den zusammengebundenen Stoffstreifen, die so lustig im Wind wehen: Für die Mongolen sind es heilige Steine, die für die Götter zusammengelegt wurden. Oft kennzeichnen sie auch böse Orte, vor deren Besichtigung gewarnt wird. Man sollte, in Anbetracht der Sitten und Bräuche des Landes, diese Steine nicht einfach so „betatschen“, geschweige denn einen Stein als Souvenir mitnehmen. Manche Ovoo dürfen nur nach einer meditativen Vorbereitung von buddhistischen Mönchen besucht werden. Selfies mit Ovoos? Lieber nicht  (macht man ja mit einem gekreuzigten Jesus auch nicht).

Die grenzenlose Freiheit braucht Grenzen, da sie nur so funktionieren kann. Und so ist lautes Sprechen, Anzünden von Lagerfeuern und Campen für Touristen generell verboten. Wenn schon viel und harte Arbeit – dann möchten die Mongolen auch gut und kräftig essen. Egal ob in der Stadt oder in ihrer Jurte.

Mongolen trinken gerne… Tee und Alkohol. Landesstypisch wird „Süütei“, ein salziger Tee, getrunken. Die Frauen bereiten aus Stutenmilch das leicht alkoholische Getränk (max. 3 Prozent) „Ajrag“ zu, das in einem weiteren Gärungsprozess von den Männern zu „Arkhi“-Wodka destilliert wird, der es dann auch „in sich“ hat. Spaßeshalber und mit einem gehörigen Schuss an ehrlich gemeinter traditioneller Gastfreundschaft wird es den Besuchern gereicht. Ablehnung gilt als Schwäche und die hat hier auf dem Land kaum eine „Überlebenschance“. Deshalb sollte man als Tourist tunlichst vorher etwas essen, um mithalten zu können. Als gute Grundlage dazu wird in den Jurten überwiegend gekochtes Hammel-, Yak- und Rindfleisch mit viel, viel Fett serviert.

In dieser geografischen Mittellage, die das Land drittelt in „oben“, also Norden mit Taiga und Bergen und „unten“ (Süden) mit Gobi und Wüste, ist hier in der Steppe kein Baum und damit auch kein Brennholz zu finden. Es wird das verwertet, was im Überfluss vorhanden ist: getrockneter Kuhfladen. Gleichzeitig wird die Jurte damit beheizt. Der Ofen  verbreitet auch bei widrigem Wetter eine wohlige Wärme – gut zu wissen, bei oftmals 40 Grad MINUS.

Damit die Jungs und die Männer so richtig Dampf ablassen können, gehören Pferderennen, eingeteilt in verschiedene Klassen, zu den sportlichen Herausforderungen. Der Jahreshöhepunkt ist ein 30 km Rennen, etwas außerhalb der Hauptstadt. Jungs und neuerdings auch Mädchen, alle so ab 5 Jahren, reiten für Ruhm und Ehre ihrer Familien und haben Chancen, auch noch später in die Geschichtserzählungen mit eingebunden zu werden. Das Nationalfest „Eriin Gurwan Naadam“ – Drei Spiele der Männer – ausgetragen im größten Stadion des Landes in Ulaanbaatar, findet alljährlich vom 10. bis 13. Juli statt und ist für die Mongolen das, was für uns die olympischen Spiele sind – nur kleiner, ursprünglicher. Die Sportarten sind Pferderennen, Bogenschießen und Ringen. Beim Bogenschießen gilt es beim Naadam, im krassen Gegensatz zu unseren runden Schießscheiben, 20 Pfeile auf eine vier Meter lange und 48 cm hohe Wand aus gestapelten Körben zu treffen. Die Männer schießen aus 75 m, die Frauen aus 60 m Entfernung. Treffer werde durch lautes Singen von traditionellen Melodien (uukhai) von den Kampfrichtern angezeigt.

Ringkämpfe unter den Männern und ihren Sippschaften sind das A und O in der Mongolei. Einem alten Ritual folgend, werden mit stampfenden, rhythmischen „Tanzeinlagen“ und ausgestreckten, schwingenden Armbewegungen, Vogelschwingen nachgeahmt. Vorab werden die Götter geehrt, bevor man in einem harten, kräftezehrenden, aber stets fairen Ringkampf versucht, den Gegner zu besiegen. Sieger ist, wenn der Gegner mit Rücken, Knien oder Ellenbogen den Boden berührt. Gewichtsklassen gibt es nicht, gekämpft wird nach dem k.o. System. Der Verlierer muss zum Zeichen seiner Unterlegenheit unter den Armen des Siegers hindurchgehen. Nach neun Wettkampfrunden stehen die Gewinner fest: Nachin, Khartsaga und Zaan-Elefant (ähnlich unseren Gold-, Silber-, Bronzemedaillen). Um die Frauen vom Ringen auszuschließen, wird traditionsgemäß nur mit freiem Oberkörper gerungen. Wie eingangs beschrieben, ist dieser Reisebericht nur ein kleiner Ausschnitt aus dem Riesenreich. Es ist vergleichbar mit dem Saarland, was übertragen bedeutet, dass man von dem Lad, das fünfmal so groß wie Deutschland ist, eigentlich nur einen Bruchteil gesehen hat. Es ist also in MUSS, das ganze Land richtig kennen zu lernen.

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Bilder: © Frank Gindler